Martin Parr zeigt uns in der Ausstellung, „Souvenir“ seine Sicht auf drei Themen: Menschen, Farben, Essen. Er lässt seinen Blick weltweit – trotzdem ausgesprochen heimatlich schweifen. Seine Bilder zeugen von seinen Reisen und den ganz speziellen parrschen Blickwinkeln auf das menschliche Verhalten. Daneben interessiert ihn seine nähere Umgebung sehr und auch dort sind ihm die liebenswerten bis schrägen Lebensarten nicht fremd. Er findet oder besser ausgedrückt, er sieht überall die besonderen Ironien unseres Daseins und das oft mit Humor, manchmal mit Sexappeal, meist sehr farbig überzeichnet, oft auch wohlwollend und was sehr einladend ist, wenig wertend. Man kann sich also selbst entdecken mit genau der richtigen Dosis einer schmunzelnden Selbsterkenntnis, man kann das aber auch lassen und sich an den schrägen Situationen erheitern. Hier fand ich eine Menge Spielraum, große Erfahrung und viel Kurzweiligkeit. Zudem sind die Ausstellungen in der Bayerischen Versicherungskammer kostenlos, das bedeutet dass selbst ein Kurzbesuch ein super Plan sein kann, auch, weil bei einem zweiten, dritten Besuch immer wieder neue Blickwinkel entstehen.
Auffällig an den Werken von Martin Parr ist die überzeichnete Farbgebung. Die Aufnahmen von Nahrung wirken wie die Werbefotos der Speisen vieler Restaurants: nicht ganz farbecht, die hellen Farbtöne verblasst, wodurch die kräftigeren Farben hervortreten. Ich sah dort oft eine gewisse Ironie, denn Martin Parr zeigt uns zwar seine Sicht auf die Welt, die Speisen allerdings könnten durchaus künstliche Essensnachbauten sein… die Personen möglicherweise Karikaturen ihrer selbst. Vielleicht zeigt er uns hier zu allererst seine Leidenschaft für Knallfarben, wie in seiner Dokumentation über die Herstellung von Süßigkeiten: Die Teddy Gray`s Sweets Factory in Dudley produziert Bonbons in Handarbeit und währenddessen werden die Mitarbeiter aufmerksam interviewt. Martin Parr hört ihnen gerne zu und seine Kamera meditiert über den Abläufen der Produktion, dem handwerklichen Arbeiten, aber vor allem ausgiebig über den besonders kräftigen Lebensmittelfarben in Rot, Grün, Orange, Pink… er fängt hier das Glück der dort Beschäftigten ein.
Trotzdem, Martin Parr ist ein Kritiker mit genauem aber auch humoristischem Auge; er sieht die herrlichen Besonderheiten, die verblüffenden Geschmäcker und nimmt sich netterweise nicht davon aus. Es gibt eine ganze Wand mit verschiedensten Selbstportraits zu sehen in denen er weltweit die Möglichkeiten der Automatenfotografie/Bildbearbeitung getestet hat. Sehr schön und mit Humor in vielen Variationen erarbeitet.
Das breite Spektrum dieser Ausstellung zeigt nicht nur besondere Urlaubsbilder, zu viele Menschen an ehemals ruhigen Plätzen oder sehr ehrliche, fast schmerzende Bilder sozialer Brennpunkte, nein, auch Berührendes, Leises ist zu erkennen und eben auch ein wenig Erotik, so ganz nebenbei – natürlich auch sie mit maximalem Willen zur Kuriosität.
Die Ausstellung wird noch bis 28. Januar 2018 gezeigt. Einige weitere Motive werden zusätzlich ab 5./6. Januar 2018 für 5-6 Tage zu sehen sein: Martin Parrs Deutschland-Fotos als Großflächenplakate im Fussgängertunnel der U-Bahnstation Odeonsplatz, im Übergang zwischen der U3/U6 zur U4/U5.
Zwei Fotos der Plakatierung am Odeonsplatz… typisch München?