I saw the light… Alexander Giesche

I saw the light… Alexander Giesche

Moderne Kunst, Vision

Alexander Giesche (GIESCHEand) / Kammerspiele München: Das Internet
Nur von 21.-23. Juli 2017 von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang / Corneliusbrücke

Gleich vorab, nie hat mich ein Kunstwerk mehr beeindruckt als das von Alexander Giesche, heute, Freitagnachmittag auf der Corneliusbrücke in München.
Mein Besuch dort war spontan, nur, wenn die Kammerspiele rufen reicht mein Motto im Moment von „Betreten auf eigene Gefahr“ bis „Yeah, was geht?“. Gut so!
Der allererste Impuls beim Eintreten in den nicht mal so großen Kubus war ein Ertrinken, ein Wasser einatmen, die Panik vor dem Gift: Trockeneisnebel in hoher Konzentration. ERSTICKEN.
Jemand hatte mir netterweise zu einem Tuch vor Nase und Mund geraten, das half ein wenig. Ich kämpfte mich durch die erste Panik des Erstickens, ließ die Angst ziehen – was durchaus dauerte – und bekam direkt danach eine Idee davon wie es sich wohl so im Bauch meiner Mama angefühlt hat. Noch ohne Sauerstofflungenatmung, dafür mittelhell, nicht grell, ohne Konturen, nur Farben, Stimmen und Musik, keine Ahnung woher. Die nächste irre Panik war das Verwirrtsein in Potenz! Da war ein Nichts an Flächen und Linien, meine Augen hatten keinen Halt. Einfach nur bunter Nebel der minutenlang keine Abstände zu irgendwas erkennen ließ. Wieder Panik und Stillstehen. Wo kein Boden, keine Decke… keine Orientierung, null! Nie habe ich Vergleichbares erfahren. Eine nächste Empfindung: Wie im Wasser, fast schwerelos und die Konzentration aller meiner Sinne nur darauf gerichtet mich auf völlig fremden Terrain zurechtzufinden. Warum? Ich war in einer anderen Dimension gelandet, war mir völlig fremd. Leider fing mein Kopf doch wieder an darüber nachzudenken was das soll… statt einfach nur zu fühlen. Also gut: Das Internet… und ja, die Dimension in der ich mich befand war eine giftig-elektronische, nur durch Licht definierte – nicht lachen jetzt – ich war ein Byte. Ich schwebte (obwohl ich auf beiden Beinen stand) orientierungslos in einem undefinierten Raum ohne Sicht auf Anfang und Ende, umgeben nur von einem Farbverlauf: Unfassbar!
Ja, der Künsteler ist ein Digital Nativ (*1982) und ein Kind der 80er Jahre, was sofort an der Farbwelt diese Installation zu sehen ist: Regenbogen-Farbverlauf! Bravo! Farben ohne Raum in ungemütlicher Atmosphäre. Der sagenhaft gute, 15-minütige Texte/Musik-Loop fing bereits an sich zu wiederholen… ich wollte mich nicht verabschieden (trotz Atemnot) und gerne Texte verstehen, aber, keine Chance, die ungewöhnliche Umgebung zwang mich ganz und gar in der Situation aufzugehen. Irgendwann hatte ich den Mut die Ausmaße der Installation zu erkunden, jeder Schritt eine Mutprobe und fand bunte Folienwände und getönte Aussichten auf die Isar und die Corneliusbrücke, die Welt  da draußen. Mein Glück: Ich war sicher 25 Minuten alleine im Kunstwerk… keine Begegnungen der dritten Art :))).
Nie nahm mich ein Kunstwerk mehr gefangen und führte mich in völlig neue Welten: unter Wasser, auf eine elektronische Ebene (bisschen wie im Film Matrix), an die Grenze meiner physischen und psychischen Belastbarkeit. Wahnsinnserfahrung! Nur Mut, es gibt viel zu entdecken – da drinnen. Der Humushaufen und die 2 Vogelnesterattrappen? außerhalb des Würfels konnten mich an diesem Tag nicht mehr fesseln.
Noch bis 23. Juli 2017 im Rahmen des Projekts „Future Shock“ von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang
Alexander Giesche, (GIESCHEand ist eine Konstellation unabhängig arbeitender Künstler): Das Internet, 2017, Kammerspiele München